Im Oktober 2016 hatten wir die 1. Preisträgerin des Warschauer Chopinwettbewerb 2010, Yulianna Avdeeva, mit einem denkwürdigen Klavierabend (Beethoven und Liszt) zu Gast. Ein Konzert im März 2020, zu dem wir die Pianistin wieder eingeladen hatten, musste leider wegen der Pandemie ausfallen. Jetzt wird Y. Avdeeva am 25.11.2022 erneut bei uns spielen, wieder mit einem ausgeklügelten Programm mit Werken aus Polen und Russland.

Der Polen-Teil des Konzertes beginnt mit einem tiefsinnigen und harmonisch schon weit in die Zukunft greifenden Werk des dem Tode nahen Frédéric Chopin (1810-1849), der Polonaise-Fantaisie op. 61. Als Kontrast dazu folgt ein Werk des Pianisten, Komponisten und Schriftstellers Wladyslaw Szpilman (1911-2000). Dessen Leben hat Roman Polanski in seinem mehrfach preisgekrönten Film von 2002 „Der Pianist“ geschildert. Als einziger seiner Familie hatte Szpilman das Warschauer Ghetto überlebt und wurde von einem deutschen Hauptmann gerettet. Das hier gespielte Werk stammt von 1933, also noch vor dem Ghettoaufenthalt: „The Life of Machines“. Nicht bedrohlich und düster wird hier die Technik empfunden, sondern gut gelaunt, lustig schnurrend wie ein lebendig gewordenes Uhrwerk. Eine Nähe zu Gershwin ist nicht zu überhören. Ergänzend dazu hat Yulianna Avdeeva die vierte Klaviersonate von Miecyslaw Weinberg (1919 – 1996) gewählt. Weinberg, der vor den Nationalsozialisten aus Polen in die UdSSR geflüchtet ist, hat dort ein teils schreckliches Schicksal erlebt, ähnlich wie sein Freund Dmitri Schostakowitsch. Sein umfangreiches, heute fast vergessenes Werk wird nicht zuletzt durch die Aktivitäten von Gidon Kremer, Linus Roth und dem Quatuor Danel langsam wieder ans Licht gebracht. Schier unermessliche Schätze sind noch zu heben. Die 4. Klaviersonate ist ganz im Geist Schostakowitschs geschrieben. Der Stil des 4-sätzigen Werks ist eher lyrisch, kombiniert mit Folklorismen. Die Sonate - gewidmet Emil Gilels - endet nach Reminiszenzen an den langsamen Satz versonnen mit zwei h-Moll-Akkorden erst laut, dann leise, wie ein Nachhall. Der zweite, der russische Teil des Konzertes ist Sergej Rachmaninow gewidmet. Nach 4 der 10 Préludes op. 23, hören wir die 2. Sonate op. 36, ein pianistisch opulentes Werk, dessen Sog man sich kaum zu entziehen vermag. Von dieser Sonate gibt es zwei Fassungen (von 1913 und 1931). Y. Avdeeva hat eine eigene Fassung auf der Basis der Erstfassung von 1913 erstellt.

Dr. Harald Roth
Fr 25.11.2022 20.00 Uhr

Yulianna Avdeeva Klavier

  • Frédéric Chopin
    Polonaise-Fantaisie op. 61
  • Wladyslaw Szpilman
    „Life of the machines“ 1933
  • Mieczyslaw Weinberg
    Klaviersonate Nr. 4 op. 56
  • Sergei Rachmaninow
    4 Préludes aus op. 23
  • Sergei Rachmaninow
    Klaviersonate Nr. 2 op. 36

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