Unter den sonderbaren Heiligen der Musik in unserer Zeit ist der einzigartige Geiger Gidon Kremer ein ganz spezielles Kaliber. Mit seinen überraschenden Programmen hat er schon manchen Konzertveranstalter verstört, mit grenzenloser Klangfantasie das Publikum rund um die Welt gefesselt, indem er nicht einfach Stücke von irgendjemandem spielt, sondern unermüdlich den tieferen Sinn der jeweiligen Musik auf eine je spezifische Weise zu ergründen sucht. Harald Eggebrecht, SZ
Aktualisierung vom 27.02.2023
Inzwischen hat Gidon Kremer ein neues Programm angekündigt. Er beginnt das Konzert mit W.A.Mozarts geistvoller Sonate in B-Dur KV 454 von 1784, ein Werk aus der Zeit, als Mozart der allseits vergötterte Liebling im Wiener Musikleben war. Obwohl er sich vor Aufträgen kaum retten konnte, war er bereit für die junge Star-Geigerin Regina Strinasacchi eine neue Sonate zu schreiben, die dann auch „prima vista“, ohne eine einzige Probe, in Anwesenheit des Kaisers Joseph II uraufgeführt wurde. Wegen der Zeitnot hatte Mozart nur die Violinstimme ausgeschrieben, den Klavierpart spielte er selbst aus seinen Skizzen. Ein Husarenstück, über das der Kaiser nicht wenig gestaunt haben mag. – Giya Kancheli (1935-2019) war ein georgischer Komponist. Er schrieb neben Musik für Film und Theater sieben Sinfonien und reichlich Kammermusik. Ein besonders „persönliches“ Werk ist sein Klaviertrio „Middelheim“. Der schwer herzkranke Komponist schrieb es nach einer dramatischen Reanimation im Winter 2016 und widmete es seinen Ärzten des Middelheim Hospitals in Antwerpen. (Eine merkwürdige Übereinstimmung: Arnold Schönberg hat das Reanimationserlebnis bei seinem Herzinfarkt ebenso in Töne gesetzt, hier in seinem Streichtrio op.45, wie uns Frank Peter Zimmermann im Februar 2019 erzählte.) - Erhalten aus dem ursprünglichen Programm ist der 2.Teil: Schuberts großartiges Klaviertrio in Es-Dur op. 100, geschrieben 1827, in der Zeit als Schubert die „Winterreise“ komponierte, was seinen melodischen Duktus, die harmonischen Abstürze und die existentielle Spannung in fast jedem Takt erklärt. Ein Klaviertrio von so bekenntnishaftem Zuschnitt verstand sich damals keineswegs von selbst. „Wie eine zürnende Himmelserscheinung“ sei Schuberts Trio über das damalige „Musiktreiben“ hinweggegangen, erinnerte sich noch zehn Jahre später Robert Schumann. Für ihn blieb das Es-Dur-Trio zeitlebens Schuberts „Eigenthümlichstes“, ein Nonplusultra romantischer Kammermusik.
Aktualisierung vom 27.03.2023
Im Jahr 1787 war Mozarts Stern im schnelllebigen Musikleben Wiens gesunken. Wie so oft war Mozart in Geldnot. Da kam ein Auftrag seines Verlegerfreundes Franz Anton Hoffmeister für eine "Sonate für Klavier und eine begleitende Geige" gerade recht. Ein Meisterwerk entstand: die Violinsonate A-Dur KV 526. Anders aber als im Kompositionsauftrag schrieb Mozart eine echte Duo-Sonate, in der beide Instrumente ganz gleichwertig behandelt werden. Nach einem stürmischen 1. Satz folgt der Höhepunkt des Werks, ein bedeutungsvolles Andante mit reicher Chromatik und häufigem Dur-Moll-Wechsel (wie im "Don Giovanni", der zur gleichen Zeit für Prag komponiert wurde). Ein "supervirtuoses Rondo" (Hermann Abert) beschließt die grandiose Sonate.
Dr. Harald Roth
Gidon Kremer Violine
Giedré Dirvanauskaité Violoncello
Georgijs Osokins Klavier
- Wolfgang Amadeus Mozart
Violinsonate A-Dur KV 526 - Giya Kancheli
Klaviertrio „Middelheim“ - Franz Schubert
Klaviertrio Nr. 2 Es-Dur op.100 - Hinweis:
Programmänderungen vorbehalten
Tickets sind hier erhältlich